DIE FRANZÖSISCHEN GRENADIERE DER ALTEN GARDE

Versuch einer Typologie zur Napoleonischen Zeit

Irgendwann versuchen sich die meisten Sammler einen Überblick über ein von Ihnen bevorzugtes Sammelgebiet zu verschaffen. Das kann eine Epoche oder ein bestimmtes Sujet sein. In zwei bekannten Fällen mündet dieses Unterfangen sogar in gelungenen Monographien wie bei Herrn Giesler mit seinem Buch "Römer in Zinn" oder Herrn Doutrelepont mit dem Werk "Fahrzeuge in Zinn".

Handelt es sich hier noch um vergleichsweise überschaubare Bereiche, fehlen derartige Untersuchungen zu umfangreicheren Sammelgebieten noch vollständig. So existiert für das Sammelgebiet des Verfassers keine ähnliche verwendbare Übersicht. Auch deshalb trifft wohl jeder Sammler auch nach etlichen Jahren oder Jahrzehnten des Sammlens noch auf Figuren "seines" Gebietes, von deren Existenz ihm nichts bekannt war, obwohl sie seit Jahrzehnten existierten.

Der Versuch des Verfassers diese Einheit mit größerer Typenvielfalt darzustellen, führte zu einer kritischen Untersuchung der existierenden Figuren. Generell lässt sich feststellen, dass es vier "Grundtypen" von Figuren gibt, die nur beschränkt kombinierbar sind.

Da wären zunächst die klassischen "Spielzugtypen" des 19. Jahrhunderts in "28mm" Größe, repräsentiert vor allem durch die Offizine Heinrichsen und Allgeyer. Meine Zählung ergab allein gut 160 verschiedene Typen der Grenadiere der alten Garde, die von Fa. Heinrichsen bis 1930 hergestellt worden sind. Mit einer Ausnahme werden diese Figuren nicht Gegenstand der weiteren Betrachtung sein. Vielleicht die Hälfte dieser Typenzahl wird an Figuren "Norddeutscher Größe" d.h. von Rieche, Wegmann und anderen herausgegeben worden sein. Auch diese Figuren stellen zu recht ein eigenständiges Sammelgebiet dar und sollen hier nicht näher untersucht werden.

Wollte man das für die Napoleonische Zeit leisten, was Herr Giesler für die "Römer" zusammengetragen hat, würde ein wohl tausende Seiten dickes Werk entstehen, das zudem einige Jahre intensiver Arbeit erforderte. Darüber hinaus würde der Umfang allein schon den Nutzen in Frage stellen. Deshalb hat der Verfasser entgegen dem Anspruch, den der Titel absichtsvoll suggeriert, keineswegs die Absicht derartiges zu leisten. Nachfolgend soll eine höchst subjektive Auswahl zu einem bestimmten Beispiel vorgestellt werden, die hoffentlich geeignet ist, eine sinnvolle Hilfestellung zu geben.

Die wohl bekannteste und am häufigsten dargestellte Einheit der Napoleonischen Zeit und geradezu ein Symbol ihrer Epoche sind die französischen Grenadiere der alten Garde. Diese Tatsache lässt sich ohne Einschränkung auch auf den Umfang ihrer Darstellung als Zinnfigur übertragen. Es gibt gut fünfhundert (sic) verschiedene Zinnfiguren, die diese Einheit darstellen. In Anbetracht der geringen Stärke dieser Einheit ist dies immerhin ein relevanter Prozentsatz der tatsächlich einmal vorhandenen Zahl der Soldaten.

Schließlich gelangt man zu der "klassischen" Zinnfigur in 30mm Augenhöhe, wie sie seit ca. 1930 hergestellt wird. Diese wird im Folgenden näher vorgestellt. Endlich gibt es - ob dies den Herausgebern bewusst ist, weiß der Unterzeichner nicht - neuere Figuren, die dieses Maß so erheblich überschreiten, dass die Figuren nicht mehr wirklich zu der klassischen Größe passen. Auch diese Figuren werden außer Betracht gelassen.

Leider ist zu konstatieren, dass auch innerhalb der "klassischen" Zinnfiguren die stilistischen Unterschiede so erheblich sein können, dass Figuren - vom Einsatz in Großdioramen einmal abgesehen - nicht "nebeneinander" einsetzbar sind. Vor allem die letztgenannte Ursache führt dazu, dass trotz vieler Serien der Kombinierbarkeit Grenzen gesetzt sind.

Nach dieser Vorrede also zu der eigentlichen Auflistung. Um eine Übersicht zu gewährleisten, werden die Figuren jeweils als Serie oder Themenbezogen vorgestellt. Ein Link führt Sie aber jeweils zu einer detaillierteren tabellarischen Auflistung, die jede einzelne Figur mit Fußbrettnummer - soweit vorhanden - bezeichnet.


Brand - Ochel

Gravur Sixtus Maier; Zeichnung Fritsch/Rousselot

Herausgegeben ca. 1935

GB 201 - 239

35 Figuren (4 Nummern nicht besetzt)

Diese bekannte Serie stellt die Garde Grenadiere bei Waterloo dar.

Sie enthält Figuren für ein Karree und für den Angriff. Obwohl die Figurenzeichnungen von Fritsch (ab)gezeichnet wurden, ist aufgrund "typischer" Posen Lucien Rousselot unzweifelhaft der eigentliche Autor der Serie.

Leider fehlen bei der Serie lebende Offiziere (vier fallende Offiziere sind vorhanden) und Trommler (ein fallender und ein toter sind vorhanden) sowie Sappeure (ein verwundeter ist vorhanden). Ein schönes Detail stellen hier die drei verschiedenen Modelle von Wasserflaschen dar, die die Figuren tragen. Denn ein "offizielles" Modell fehlte in jenen Tagen.

Diese Figuren der Fa. Ochel sind derzeit leider nicht unmittelbar erhältlich. Die Serie ist z.T. aber in Neugravur bei B&S zu beziehen (Gravur Steffen Jahn).


Thiel

Gravur Sixtus Maier;

Zeichnung Fritsch

T 503 - 509 7 Figuren;

Diese Figuren in frontaler Haltstellung gehören zu einer Serie, die die Begegnung Napoleons mit dem 5. Linieninfanterieregiment nach seiner Rückkehr von Elba darstellen soll. Sie ergänzen die Brandt-Serie sehr gut. Der Pfeifer auf dem Bild rechts gehört zu der Brandt-Serie. Ein dazu gehöriger frontal stehender Offizier und ein Fahnenträger sind jedoch weniger gut gelungen (o. Abb.).


Heinrichsen

Gravur Ludwig Frank; Zeichnung vermutlich Bombled; Nr. 5 Figuren;

Diese oben abgebildeten Figuren im Feuer/Karree ergänzen und erweitern die Brandt-Serie ganz ausgezeichnet.

Lediglich ein stehend feuernder Grenadier (o. Abb.) ist etwas weniger gelungen. Diese Figuren sind auch nicht etwa kleiner als die der Brandt Serie! Die Figuren sind mir als "Packung" nicht bekannt, möglicherweise weil die Figuren ohne Offizier und Trommler "unvollständig" sind. Die gezeigten Figuren entstammen einem von Frau Dr. Grobe freundlicherweise gefertigten Sonderabguß dieser Formen.


Offiziere

Die bislang vorgestellten Figuren enthalten keine (lebenden) Offiziere oder Adlerträger. Deshalb hat die Fa. Ochel eigene Offiziere in Ergänzung zu der von ihr übernommenen Brandt-Serie hergestellt. Diese Offiziere, die auch selbst einen Mantel tragen (was für Waterloo nicht ganz richtig sein dürfte), können aufgrund der stilistisch wenig gelungenen und pathetischen Ausführung nicht überzeugen.

Als Offiziere gut brauchbar sind dagegen die Linieninfanterie-Offiziere von Ochel im Mantel sowie ein Offizier von Sixtus Maier aus der Serie Linieninfanterie 1801 -1806.

Für Feuer /Karree ist der haltende, von Ludwig Frank gravierte Offizier der Linieninfanterie sehr gut verwendbar, während die wohl schönste Fahne Mignot liefert.

Der Offizier ist von Ochel als Offizier der Linieninfanterie herausgegeben worden und von Ludwig Frank graviert.

Erst kürzlich hat Herr König eine Serie von 6 Offizieren herausgegeben, die (erstmals) gelungene Offiziere in verschiedenen Haltungen liefert.


Biebel

13 Figuren hat Ludwig Frank für Franz Biebel ca. 1925 graviert. Die Figuren sind noch recht klein ausgefallen.

Verwendbar sind allerdings der Sapeur im Mantel und die beiden berittenen Offiziere. Die Serie ist heute im Besitz von Familie Knoll.